Teil 1: Existenzangst erkennen und entlarven
- Alexandra Meffert
- 12. Aug. 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juni

Viele kennen sie… die Existenzangst! Der quälende und lähmende Schatten, der uns nicht zur Ruhe kommen lässt und uns Alpträume beschert. Wenn es eine Angst gibt, die wirklich jeder schon einmal gefühlt hat, dann ist das die Existenzangst. Menschen aller Herkünfte und Einkommensklassen kämpfen gegen sie an. Diese Angst ist so groß, dass sie sogar in scheinbar sorglosen Zeiten wie ein Dämon im Hintergrund wartet, um uns bei der kleinsten Verunsicherung wieder heimzusuchen.
Vielleicht klingt dir das gerade etwas zu theatralisch, weil du diese Form der Existenzangst nicht kennst? Vielleicht aber tarnt sich deine Existenzangst nur besser und geht subtiler vor. Vielleicht sorgt sie bei dir still und leise im Hintergrund dafür, dass deine Risikobereitschaft gleich „Null“ ist. Oder vielleicht hindert sie dich auch daran, deine Träume auszuleben, spannt deinen Verstand vor ihren Karren, und dieser liefert dir jede Menge logische Gründe, warum dein Traum nicht lebbar oder zu kindisch ist.
Lass uns einmal hinter die Kulissen der Existenzangst schauen und ihr „auf die Schliche kommen“. Ich möchte mich im Folgenden auf die beiden grundlegendsten Ursachen konzentrieren, und zwar:
Die „transgenerationale Weitergabe einer Traumatisierung“ (herrje, was ist denn das schon wieder?) - das ist die Weitergabe von Traumen über Generationen hinweg.
Die zweite Ursache nennt sich psychologisch korrekt „erlernte Hilflosigkeit“. Die haben wir uns in unserer Kindheit "eingefangen"... dazu später noch mehr.
Ursache 1: Traumen, die seit Generationen in uns schlummern
Unsere (Ur-)Großeltern oder vielleicht noch unsere Eltern sind im Krieg oder der Nachkriegszeit aufgewachsen, also einer Zeit, in der Gefahr und Mangel allgegenwärtig waren.

Der Großteil der Existenzen wurde damals bedroht oder sogar vernichtet. Dies hat sich als tiefe Traumatisierung in unser familiensystemisches Bewusstsein eingeprägt und beeinflusst seitdem alle Mitglieder inkl. deren Nachkommen in Bezug auf die Themen Hunger, Armut, Trauer, Schmerz, Überlebensangst und Obdachlosigkeit.
Vielleicht haben wir selbst noch Kontakt zu Menschen, die Kriegszeiten miterlebt haben.

Sie mussten ein Leben leben, das nie sicher war. Und falls es einmal für einen Moment lang Sicherheit gab, konnte sich das von jetzt auf gleich ändern. Dies hat ganz spezielle Glaubenssätze geprägt, die sie uns in ihren Erzählungen und Lehren weitergegeben haben. Vielleicht waren wir noch Kinder, haben ihren Geschichten gelauscht und - bewusst oder unbewusst - diese Glaubenssätze und Werte integriert. Solche Traumata werden nicht selten noch Generationen lang weitergegeben an Menschen, die nie Mangel, Krieg oder ein unsicheres Leben miterlebt haben... und doch sind die damit verbundenen Ängste bei diesen Menschen vorhanden.
Hinzu kommt, dass mit dem Mangel und den Aspekten von Vertreibung und Plünderung auch immer ein Gefühl des Kampfes einhergeht. Man musste sich behaupten, dass man von dem Wenigen, was da war, etwas abbekommen hat und sich wehren, damit man das, was man hatte, nicht weggenommen bekam. Das ist eine Lektion, die bis heute Gültigkeit hat und tief in uns allen verankert ist. Unsere heutige Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft befeuert dies noch zusätzlich und ruft damit verbundene Verhaltensweisen hervor.
Nicht zuletzt die aktuellen Kriege, die sich uns derzeit rund um die Uhr in allen Medien präsentieren, triggern alle diese unterschwelligen emotionalen „Zeitbomben“ und verstärken unsere eigene Existenzangst nochmals - egal, ob wir nun wirklich Grund zur Angst haben oder nicht.
Ursache 2: Uns wurde in der Kindheit beigebracht, dass wir machtlos sind
Die zweite Ursache unserer Existenzängste ist die „erlernte Hilflosigkeit“. Der Begriff stammt aus der Psychologie und beschreibt eine Prägung, die in unserer frühesten Kindheit geschieht. Hilflosigkeit erlernen wir, wenn unsere Bezugspersonen uns in frühester Kindheit nicht vermitteln, dass wir unsere Bedürfnisse selbst erfüllen können, also „selbstwirksam“ sind. Oder wir durften im Kleinkindalter unsere Bedürfnisse nicht frei kommunizieren, damit sie von anderen erfüllt werden.
Bevor wir jedoch nun anfangen, unsere Eltern oder unsere früheren Bezugspersonen zu verurteilen, sollten wir bedenken, dass auch sie entsprechende Traumatisierungen in ihrer Kindheit erfahren haben und nur weitergeben, was sie selbst verinnerlicht haben.
Es gibt zwei gegensätzliche Situationen, in denen du gelernt haben könntest, dass du machtlos bist.

Ich muss gehorchen und tun, was mir gesagt wird!
Deine Bezugspersonen hatten ein erhöhtes Kontrollbedürfnis und du durftest einfach nichts selbst machen.
Sätze wie „das kannst du nicht“, „dafür bist du noch zu klein“, oder „du musst jetzt dies oder das tun…“, „der Teller wird leer gegessen“ usw. haben in dir den Glaubenssatz geprägt, dass du nichts in die eigenen Hände nehmen darfst, ohnmächtig (also ohne Macht bist), andere über dich bestimmen und das auch so seine Richtigkeit hat.

Ich bin allein und niemand ist für mich da!
Aber auch genau das Gegenteil, nämlich mangelnde Fürsorge, hat dich gelehrt, dass du nicht bekommen kannst, was du bauchst und nur Mangel herrscht. Sätze wie „jetzt nicht“, „geh spielen, du störst“, „wenn der Kuchen spricht, hat der Krümel Pause“ usw. kennst du vielleicht auch.

Ich bin ein Objekt und machtlos. Ich bekomme nicht, was ich brauche, wann ich es brauche!
Prägnant für Babys ist bzw. war früher auch die Situation sofort nach der Geburt. Ist man im Krankenhaus auf die Welt gekommen, wurde man in aller Regel direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt. Dabei wäre der sofortige körperliche Kontakt zur Mutter extrem wichtig gewesen. Danach kümmerte sich eine fremde Person nach Zeitplan um die kleinen, wehrlosen Säuglinge. Energetisch gesehen spüren die Babys, dass die Mutter nicht da ist, und fühlen sich hilflos und nicht geborgen.
Babys erfahren so sehr schnell, dass sie nicht genährt werden, wenn sie Hunger haben, sondern, „wenn es Zeit ist“ und dass man sich nicht um ihre individuellen Bedürfnisse kümmert. Man kommt zur Mutter und darf trinken nach standardisiertem Zeitplan. Das ist halt in einem Krankenhausbetrieb nicht anders möglich. Auch wenn du nicht im Krankenhaus geboren worden bist, ist dir vielleicht das Konzept bekannt, die Babys schreien zu lassen - sozusagen als „Erziehungsmaßnahme und Training“. Tatsächlich lernt der Säugling dabei etwas: Er lernt schon in seinen ersten Tagen, dass er machtlos und auf andere angewiesen ist und er sich nicht selbst helfen kann.
Wer jetzt zweifelt und denkt, dass das Ganze doch nicht so schlimm sei und sich niemand mehr bis heute daran erinnert, irrt sich. Im Säugling hat sich durch den erfahrenen Mangel (ich werde nicht genährt, erfahre keine Geborgenheit und kann nichts tun) bereits ein tiefes Trauma gebildet, das sich im Zellbewusstsein festsetzt. Es ist eine sehr starke Form der Existenzangst - und zwar der nackten Angst ums Überleben. Im ungünstigsten Fall wird das Trauma diesen Menschen ein ganzes Leben lang unterschwellig begleiten.
Beide extremen Pole – „zu viel Kontrolle“ und dadurch keine Selbstwirksamkeit oder „zu wenig Hinwendung“ und dadurch Gefühle von Ohnmacht und Hilfslosigkeit sind Nährböden für „erlernte Hilfslosigkeit“. Es stammt also aus der Zeit, in der wir Kinder waren und uns in einem Abhängigkeitsverhältnis zu unseren Bezugspersonen befanden.
Zurück ins Erwachsenenalter - was fühlen wir heute?
Das Gefühl der Existenzangst ähnelt den soeben beschriebenen Gefühlen sehr. Denn auch hier befinden wir uns in einer Abhängigkeit - und zwar von äußeren Umständen. Wir haben Angst, dass unsere Sicherheit jederzeit von außen bedroht werden könnte. Wir haben kein Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Wir leben mit einem tiefen Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit und der Unfähigkeit, die eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können, machtlos zu sein und sich selbst nicht helfen zu können.
Welche Ursache hat denn nun unsere „westliche Existenzangst“?
Wenn wir in Westeuropa von Existenzangst sprechen, sprechen wir in aller Regel über die Angst vor Geldmangel und nicht über die Angst vor der Bedrohung durch kriegerische Handlungen. An anderen Orten der Welt ist Existenzangst tatsächlich das, was das Wort beschreibt und was unsere Vorfahren erfahren mussten. Ich klammere hier auch ganz bewusst die Angst vor häuslicher Gewalt oder generell Gewalt im Umfeld aus. Das ist ein sehr krasses Thema, das an anderer Stelle besondere Würdigung verdient. Du, der das hier liest, verspürst in aller Regel jedoch nicht die nackte Angst um dein Leben.
Bleiben wir also beim Hauptgrund, warum wir - die wir heutzutage alle in einem vermeintlich sichereren Umfeld leben - Existenzangst verspüren. Es ist die Angst vor finanziellem Mangel und hier handelt es sich ganz klar um „erlernte Hilfslosigkeit“.
Die gute Nachricht ist, dass trotz der Vielfalt an Angstvariationen
der Heilungsansatz stets gleich ist.
Wenn wir die erlernte Hilfslosigkeit heilen und wieder lernen, "selbstwirksam" zu fühlen, zu denken und zu handeln, dann verliert die Existenzangst ihre überwältigende Kraft und Macht über uns. Leider gibt es keine schnelle Lösung. Es ist vielmehr ein Prozess, der mit dem grundsätzlichen Erkennen der Ursache, die in aller Regel auch mit mangelndem Selbstwert einhergeht, beginnt. Das Motto lautet also "Existenzangst erkennen und entlarven".

Was du konkret tun kannst, erfährst du in der Fortsetzung meines Blogs „Existenzangst entlarven und "besiegen“.

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